Keine Strategie mehr vor Augen, Borussia verliert sich im Mittelmaß

„Wir wissen, wo wir herkommen.“ Ein Satz, der in den letzten Jahren bei Borussia gebetsmühlenartig gepredigt wurde. Die Vergangenheit scheint den Verein eingeholt zu haben, denn inzwischen ist man längst zurück im grauen Mittelmaß. Dies hängt vor allem mit zwei schwachen Halbserien zusammen, die des eines Absteigers gleichen. Auch wenn beide Halbserien getrennt voneinander betrachtet werden müssen, eine weitere „Übergangssaison“ sollte mit aller Kraft vermieden werden.

Am 20. September 2015 erklärte Lucien Favre seinen Rücktritt, und brachte damit seit langem wieder Unruhe in die heile Borussen-Welt. Kurzfristig musste ein neuer Trainer gefunden werden. André Schubert, damals noch Trainer bei der U23, nahm ohne Zögern diese schwere Aufgabe an, und führte die Borussia überraschenderweise erneut in die Champions League. In der darauffolgenden Saison leitete er  durch sein öffentliches Statement, nach der 0:4-Niederlage auf Schalke seine eigene Entlassung ein. Die Mannschaft wurde in der Hinrunde durch wildes Rotieren tot flexibilisiert. In der Winterpause war dann Schluss, die einvernehmliche Trennung wurde bekanntgegeben.

Keine einwandfreie Stabilisierung

Dieter Hecking übernahm, und stabilisierte die Mannschaft in kürzester Zeit. Er führte die Borussia zurück an die Europa-Pokal-Plätze, ohne jedoch die Big Points einzufahren. Das Aus im DFB-Pokal-Halbfinale, als auch in der Europa League waren tiefe Schläge in einer ohnehin schon holprigen Saison. Als an den letzten Spieltagen auch noch leichtfertig die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb verspielt wurde, war die Ernüchterung im und um den Verein denkbar groß. Daher sollte er mit einem ausgedünnten Kader, und mit einer geringeren Belastung als in den Vorjahren einen Neuangriff geben.

Die Hinrunde dieser Saison verlief wie eine Achterbahn, der Stabilisator schien nicht mehr einwandfrei zu funktionieren. Auf einen Sieg konnte eine Klatsche folgen, und umgekehrt. Auf den Rängen wurde es immer unruhiger, und dennoch erarbeitete sich die Borussia bis zum Heimerfolg über die Bayern eine komfortable Position in der Liga. Die mangelnde Konstanz, die sich bislang weniger in den Ergebnissen wiederspiegelte, sollte in der Rückrunde noch zum Verhängnis werden. Der schleichende Absturz begann, zur fehlenden Konstanz kamen noch einige Ausfälle, unglückliche Spielentscheidungen und eine mangelhafte Chancenverwertung hinzu. Die Probleme verschwanden nicht, stattdessen wurden es immer mehr.

Entscheidungen im Sommer

Europa ist immer noch das Thema, die berühmten Durchhalteparolen werden nach jeder enttäuschenden Partie zum Besten gegeben. Dabei ist es doch offensichtlich, dass die Mannschaft nicht in der Lage ist einen europawürdigen Fußball zu spielen. Dieter Hecking sprach nach der Derby-Niederlage von einer Vision. Entweder beginnt er sie gerade erst umzusetzen, oder sie ist einfach nicht zu erkennen. Bei der Mannschaftsentwicklung ist seit Monaten keine klare Strategie, kein langfristiges Ziel zu erkennen. Die Borussia soll irgendwie alles können, und wird dadurch zum Zwitter, eine Kreuzung aus verschiedenen Spielstilen. Das macht es vor allem für den Fan schwer sich mit der Mannschaft zu identifizieren.

Der Verein ist gewarnt, immerhin wissen sie, woher sie kommen. Im Sommer wird jeder Stein doppelt umgedreht werden müssen. Dabei steht nicht nur die Arbeit des Trainers zur Debatte, sondern auch andere wesentliche Themenfelder. Die wenig treffsichere Offensive wird einen Umbruch erleben müssen. Sie kommt ihrer Hauptaufgabe, das Tor zu treffen, aus verschiedenen Gründen nicht mehr nach. Der eine hat mit sich selbst zu kämpfen, der nächste ist zu lange verletzt. Damit wäre auch die Medizin-Abteilung in der Diskussion angekommen. Eine Verletztenmisere wie in den beiden letzten Jahren ist kein drittes Mal zu verantworten. Das wird kein ruhiger Sommer werden. In den Gärten der Republik sowieso nicht, es wird nach Russland zur Weltmeisterschaft geblickt. Im Verein wird dazu wahrscheinlich wenig Zeit sein.

 

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