Aus dem Schatten des großen Bruders

Bei Geschwistern ist es öfters der Fall, dass der Jüngere zum großen Bruder aufschaut. Er nimmt sich ihn zum Vorbild und eifert ihm nach, um irgendwann aus dem Schatten des Großen herauszutreten. In Frankreich und Belgien spricht man viele Jahre von dem Top-Talent Eden Hazard, der beim OSC Lille in der Ligue 1 schon in jungen Jahren zu überzeugen wusste. Er krönte seine Leistungen mit der Auszeichnung zu Frankreichs Spieler des Jahres 2011 und 2012. In dieser Zeit spricht noch keiner von Thorgan, der erst ins Interesse der Öffentlichkeit gerät, als sein größerer Bruder zum FC Chelsea wechselt. Die Bedingung bei dem Transfer von Eden Hazard an die Stamford Bridge war es, dass auch sein Bruder Thorgan zu den Blues wechselt. Danach nimmt seine Karriere Fahrt auf.

Thorgan Hazard wurde 1993 in La Louvière geboren, einem Ort in der Provinz Wallonien in Belgien. Eden Hazard ist zwei Jahre älter. Beide verbringen ihre Jugend beim AFC Tubize, einem Zweitligisten in Belgien. 2005 trennen sich die Wege der Brüder. Eden wechselt nach Frankreich in die Jugendabteilung vom OSC Lille. 2007 wagt auch Thorgan den Sprung und wechselt mit 14 Jahren in die Jugend vom RC Lens. Beide blieben mit ihrer Heimat und Familie verbunden. Die beiden französischen Städte sind nicht weit voneinander entfernt, genauso wie von La Lovuière. Auch die Brüder werden sich regelmäßig gesehen haben. Eine 30-minütige Autofahrt liegt zwischen Lille und Lens.

Stade Brainois

Hier verbrachten die Hazard-Brüder ihre Jugendzeit.

Die Wege trennen sich
Im November 2007 schafft Eden mit 16 Jahren sein Debüt in der Ligue 1. In den zwei darauffolgenden Saisons wird er in Frankreich zum Nachwuchsspieler des Jahres ernannt. In der Zeit spielt Thorgan noch in der Jugendabteilung vom RC Lens. Während sich der große Bruder als saisonbester Spieler ins Rampenlicht von europäischen Top-Clubs spielt, und in der Saison 2010/11 mit dem OSC Lille die französische Meisterschaft und den französischen Pokalsieg feiert, kann Thorgan mit 17 Jahren auf 21 Einsätze bei der 2. Mannschaft vom RC Lens blicken. Mit 18 Jahren schafft er den Sprung in die 1. Mannschaft, die nach dem Abstieg in der Vorsaison nun in der Ligue 2 spielt.

Der Karrieresprung
Im Sommer 2012 wechselt Eden Hazard zum FC Chelsea. Als Bedingung stellt er die Forderung, dass man seinen kleinen Bruder Thorgan verpflichtet. Nach Bekanntgabe des Doppel-Transfers, wurde der jüngere Hazard für insgesamt zwei Jahre nach Belgien zum SV Zulte Waregem ausgeliehen. Während Eden mit den Blues in der Premier League englischer Meister und Pokalsieger wird, kann Thorgan die Chance in Belgien nutzen und sich der Aufmerksamkeit größerer Clubs erfreuen.

Drei Tore und zehn Torvorlagen steuert Thorgan mit starken Leistungen zum zweiten Platz vom SV Zulte Waregem in der Jupiler Pro League bei. Diese überragende Saison 2012/13 bedeutet für die kleine Stadt Waregem, mit gerade einmal 37.000 Einwohnern, die Teilnahme an der 3. Qualifikationsrunde zur Champions League. Nach zwei klaren Niederlagen gegen PSV Eindhoven konnte man sich gegen APOEL Nikosia in die Gruppenphase der Europa League spielen.

Der kleine Ort in Westflandern erfreute sich über Gastmannschaften wie Wigan Athletic und Rubin Kazan. In der Gruppenphase wusste Hazard zu überzeugen, der nahezu an allen Toren beteiligt war. Die Saison 2013/14 in Belgien krönte er mit insgesamt 14 Toren und 17 Torvorlagen und der Auszeichnung zum belgischen Fußballer des Jahres. Die Saison von Zulte Waregem wurde mit dem erfolgreichen vierten Platz beendet.

Ins Rampenlicht der Bundesliga
Die sportliche Entwicklung des Belgiers war zu erkennen. Nach der Rückkehr zum FC Chelsea wurde er schließlich im Sommer 2014 für eine einjährige Leihe zur Borussia transferiert. Nach starken Vorstellungen in der Europa League, sowie einer überzeugenden Endphase der Hinrunde, wurde er im Frühjahr 2015 fest verpflichtet. Danach kam sein Aufschwung ins Stocken. Lediglich neun Einsätze in der Startelf folgten innerhalb eines Jahres. Erst zur Rückrunde der Saison 2015/16 gelang es Hazard unter Schubert in die Startformation zu rücken. In der Phase erzielte er vier Tore und bereitete vier weitere Tore vor. Die Saison wurde für ihn persönlich, aber auch für Borussia erfolgreich auf Platz vier beendet.

Als Ansporn wurde zwischen den Hazard-Brüdern eine Wette abgeschlossen: Wer erzielt die meisten Tore in einer Saison? Man stellt nun fest, dass es zwischen den beiden zu einem Unentschieden gekommen ist. Beide erzielten für ihren Verein jeweils sechs Tore. Während jedoch Eden mit dem FC Chelsea im Mittelfeld der Premier League gelandet ist, konnte Thorgan erfolgreich dazu beitragen, dass Borussia erneut an einem europäischen Wettbewerb teilnimmt. Die Qualifikation zur Champions League ist zum Greifen nahe. Man kann es sich gar nicht vorstellen, aber der Kapitän der belgischen Nationalmannschaft könnte von zu Hause aus zugucken wie sein kleinerer Bruder in der Königsklasse spielt. Darauf wäre vor einem Jahr wohl keiner drauf gekommen.

Die Erwartungen steigen
In der Vorbereitung zur kommenden Saison wirkt Hazard fit, spielfreudig, einsatzbereit. Die Frühform sorgt dafür, dass er in Testspielen zu überzeugen weiß. Das macht Mut für die kommende Saison, wo er erneut angreifen wird. Sollte er seine Verfassung der letzten Rückrunde konservieren können, sich sogar steigern, dann wird er sich wieder in den Fokus spielen. Der FC Chelsea wird aufhorchen. Er würde sich einer erfolgreichen Generation des RC Lens anschließen. In der Jugend spielte er mit heutigen Größen wie Serge Aurier(Paris Saint-Germain), Raphael Varane(Real Madrid) und Geoffrey Kondogbia(Inter Mailand) zusammen.

Bei einer weiteren erfolgreichen Saison könnte der FC Chelsea die vorhandene Rückkauf-Option ziehen und damit die Hazard-Brüder vereinen. Thorgan stände nicht mehr im Schatten seines Bruders, sondern würde mit ihm an seiner Seite um die Titel in England und Europa spielen. Ohnehin ist es ein Traum der Brüder irgendwann gemeinsam in einer Mannschaft zu spielen. Das wäre ein Fußballmärchen wie man es sich kaum besser vorstellen könnte.

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