Borussia, raff dich!

Borussia Mönchengladbach verliert mit 0:4 in Mainz. Nach einer erneut deftigen Auswärtsniederlage hinterlässt die Mannschaft abermals den Eindruck, dass sie ein Einstellungsproblem hat. Trainer und Sportdirektor wirken ratlos. Die Fans sind frustriert, der Rückhalt schwindet – eine gefährliche Gemengelage. 

Die Trainerfrage stellt sich nicht, viel mehr muss sich der Trainer kritische Fragen gefallen lassen. Daniel Farke ist bei Borussia angetreten, um den Verein und seine Fans mitzunehmen. Mit seiner Wortgewandtheit hat er vieles in dieser Spielzeit verständlich vermitteln können. Inzwischen sorgen seine Erklärungsversuche jedoch vermehrt für Unverständnis. Ein 1:4 bei der Hertha wird wie eine knappe Niederlage dargestellt, weswegen ihm mitunter „Schönrednerei“ vorgeworfen wird. Das möchte nun einmal kein Fan nach einer Abreibung beim Tabellenvorletzten hören. Die Geduld der eigenen Anhänger wird  auf eine harte Probe gestellt, nicht nur aufgrund der Worte des Trainers, sondern auch aufgrund dessen was die Mannschaft in aller Regelmäßigkeit nicht auf den Platz bringt. Borussia ist dabei eine wichtige Stütze inmitten eines Umbruchs zu verlieren, und das Rheinderby in der Domstadt steht erst noch an.

Resilienz als Worthülse

Ein Auftritt wie beim 5:2-Derbysieg wird sich nach den letzten Eindrücken eher nicht wiederholen lassen. „Das ist das, was diesen Verein immer ausgezeichnet hat: Eine unfassbare Einigkeit, Resilienz und Zusammenhalt in schwierigen Zeiten, in guten Zeiten.“, so Farke bei seiner ersten Pressekonferenz. Das von ihm eingeführte Wort „Resilienz“ ist inzwischen nichts weiter als eine Hülse, wenn seine Mannschaft wiederholt beweist, dass sie diese nicht besitzt. Im Gegenteil, nach einem Gegentreffer verlieren seine Spieler unerklärlicherweise den Faden. Es sind die kleinen Momente, in denen Borussia ein Spiel verliert. Stimmt, ein herausgespielte Torchancen inklusive Abschluss nimmt nur wenige Sekunden ein. Es ist aber doch das Gesamtverhalten der Mannschaft, welches viele Fans verärgert und enttäuscht. Kaum einer kann sich mit einer wehrlosen Truppe identifizieren.

Das Maximum herausholen

„Diese Balance hinzubekommen, guten Ballbesitzfußball zu spielen und auch mit letzter Gier das eigene Tor zu verteidigen, diese Resilienz und Gier im Spiel gegen den Ball zu entwickeln, wird die Aufgabe sein.“ Daniel Farke ist es bisher nicht gelungen, diese Gier zu vermitteln. Konzentrationsfehler sind ihm sicher nicht persönlich anzulasten, aber 39 Gegentreffer nach 22 Spielen verfehlen eindeutig das Ziel die Defensive zu stabilisieren. Borussia findet derzeit kein wirkungsvolles Mittel, um Mannschaften zu knacken, die vor allem gegen den Ball arbeiten. Spielfreude kommt nur dann auf, wenn das gegnerische Team mitspielt und Räume offen lässt. In der Regel sind es die Topmannschaften der Liga, die Borussia diesen Gefallen machen. Farke täte gut daran einen zusätzlichen Ansatz zu finden, der mehr gegen destruktive auftretende Gegner wirkt. Die rein spielerische Lösung funktioniert offensichtlich nicht. Der vermeintlich beste Spielaufbau der Liga verpufft, wenn daraus kein Kapital geschlagen werden kann – also Tore.

„Ich finde Borussia Mönchengladbach hat immer dafür gestanden, mit Ballbesitz zu spielen.“ Für die Folgen einer schlechten Kader- und Transferpolitik ist er nicht verantwortlich. Es steht jedoch in seiner Verantwortung das Maximum aus einem Haufen von Einzelspielern herauszuholen. Das ist einem Adi Hütter gelungen, und das unter ungleich schwereren Bedingungen. Die überwiegende Mehrheit der Fans erwartet keinen „Hurra-Fußball“ auf Knopfdruck oder die Qualifikation zur Champions League. „Sie wollen die Fohlenelf sehen, die mutig Fußball spielt und mit alle was geht das Borussia-Tor verteidigt.“ Fans wollen eine entsprechende Einstellung auf dem Platz sehen, alles andere, wie ein ballbesitzorientierter Ansatz sollte darauf aufbauen. Die Mannschaft sollte in jedem einzelnen Spiel dieselbe Motivation an den Tag zu legen, sie steht ausdrücklich mit in der Kritik.

Eine identitätslose Mannschaft

Die Mannschaft lebt nicht die Werte, die der Trainer vorgibt. Das ist die derzeitige Realität. Gier von seinen Spielern einzufordern, und gleichzeitig mit dem Erreichten zufrieden zu sein, passt nicht zusammen. Auch das Minimalziel Platz 12 wird keinen Profispieler motivieren mehr aus sich herauszuholen. Das ist schlicht ambitionslos, erklärt aber sicher nicht allein die schwachen Auftritte. Druck von außen aufzubauen wird eher weniger gelingen, da die Mannschaft aus Sicht der Verantwortlichen im Rahmen ihrer Möglichkeiten agiert. Am Ende könnte es darauf hinauslaufen, dass die Fans ein klares Zeichen setzen müssen, obwohl eines von den Spielern oder den Verantwortlichen kommen müsste. Borussia setzt damit die Einigkeit aufs Spiel.

 

 

3 Kommentare Borussia, raff dich!

  1. Michael Wahrheit

    Ich finde, dass es Hütten noch einfacher hatte, da sich Thuram, Bensebaini und evtl Kone im Kopf noch nicht verabschiedet haben. Aktuell sehe ich die 3 als größten Schwachpunkt in der Mannschaft, die nur fürs Auge spielen. Ich bin Gladbacher seit 73 und habe die tollsten Zeiten erlebt und bin dankbar dafür. Mir ist durchaus bewußt, dass man nichts erzwingen kann, aber ich würde einfach der Jugend eine Chance geben. Viel schlimmer kann es nicht werden.
    Ansonsten bin ich total daccord.

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    1. Adrian Buete

      Also ganz ehrlich: Wenn man immer alles auf die (vermeintlich Kone) wechselnden Spieler schiebt macht man es sich sehr, sehr einfach. Bensebaini ist z.B. VIEL weniger unser Problem als Elvedi oder unsere beiden RV´s Lainer & Scally auch von der Einstellung her. Wenn es im ganzen Team nicht läuft haben die Spieler immer den schwersten Stand. Kone ist für mich eh als einer der wenigen außerhalb jeder Diskussion auch wenn er mal ein schlechteres Spiel hat. Er ist einer der wenigen der viel mehr zeigt als Neuhaus, Elvedi, Wolf usw. usw. die auch teure gestandene Profis sind.

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  2. Manfred Kohnen

    Die Borussia muss aufpassen, dass die Mannschaft nicht in den Strudel gerät. Ich erinnere an Nürnberg, die sich fast zum gleichen Zeitpunkt der Saison in Sicherheit wähnten, aber dann doch noch den bitteren Weg gehen mussten. Mannschaften wie Hertha und Schalke (=Favre, die Null muss stehen!) sind galliger und die Aufgaben in den nächsten Wochen werden nicht einfacher. Zehn Punkte Vorsprung sind (noch) ausreichend, um einen ersten Umbruch zu wagen. Ich wünsche mir mehr Mut, denn andere Teams (wie auch Mainz) machen es uns vor, der Jugend mehr zu vertrauen; und nicht nur in der Nachspielzeit!

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