Das Pokal-Aus ist noch nicht verkraftet, Spieler und Fans müssen den geplatzten Traum immer noch verarbeiten. Der Fokus muss auf die letzten vier Partien in der Bundesliga gerichtet werden. Nebenbei muss sich der Verein um die zerstörte Choreographie, und die daraus resultierenden Konsequenzen der Ultras kümmern. Wut und Frust ist nachvollziehbar, aber den Spielern auf den Platz die Unterstützung in den kommenden Heimspielen zu verweigern erscheint in jedem Fall nicht zielführend.
Das Scheitern im Elfmeterschießen im DFB-Pokal gegen Eintracht Frankfurt steckt immer noch in vielen Köpfen. Die Stille nach dem finalen Treffer von Branimir Hrgota war beängstigend, der Jubel aus dem Auswärtsblock war ein Nebengeräusch. Die Enttäuschung auf den Rängen war spürbar, die Luft war nach 120 Minuten Spielzeit raus. Es wurde gerufen, gelitten, geschrien, das spielerische Niveau auf dem Platz war eher überschaubar. Am Ende des Tages konnte jeder mit einer schwarz-weiß-grünen Seele behaupten alles gegeben zu haben. Die vier verbliebenen Partien in der Bundesliga erscheinen wie eine Last, in einer ohnehin turbulenten Saison. Die Borussia muss eine Reaktion zeigen, bei all den Verletzungssorgen, und mit dem Abpfiff am 34. Spieltag die Spielzeit in einem angemessenen Rahmen beenden. Jetzt muss noch einmal Charakter gezeigt werden.
Die Wut trifft die Falschen
In diesem Zusammenhang wirkt das Einstellen sämtlicher Aktivitäten der Ultras in den kommenden Heimspielen als äußerst deplatziert. Unabhängig davon wie das DFB-Pokal-Halbfinale ausgegangen wäre, die Mannschaft hätte das Erreichen der Europa League nicht sicher planen können. Ein Pokalsieg gegen Borussia Dortmund wäre mit der aktuellen Personalsituation schwer vorstellbar, mit der besten Elf nicht deutlich realistischer. Die Realität bleibt bei den Gedankenspielen jedoch das Pokal-Aus im Halbfinale, jetzt zählt nur noch das Kerngeschäft Bundesliga. Unabhängig davon was zwischen dem Verein und den Ultras vorgefallen war, so kann es doch nicht die Konsequenz sein die Spieler auf dem Platz in den letzten beiden Heimspiele dieser Saison zu bestrafen, die in diesem Streit überhaupt keine Rolle spielen. Die Nordkurve wird sicherlich wissen wie zu reagieren ist, ähnlich wie bei anderen Boykott-Aufrufen.
Die zerstörte Choreographie ist zu bedauern, daran besteht gar kein Zweifel. Die Materialkosten werden leicht ersetzbar sein, viel schwerer wiegt der emotionale Verlust. Es wird keine zweite Chance geben die Choreographie vorzuführen, insofern ist der Frust bei all der Arbeit bei der Gestaltung verständlich und menschlich. Dennoch begründet das kein unüberlegte Handeln, wobei das Agieren der Ultras wie eine Abrechnung dafür wirkt, dass der Verein nicht immer mit sich sprechen ließ. Die Streitpunkte wurden aufgezählt, wo nicht unbedingt mit Verständnis der breiten Fan-Masse zu rechnen ist – die Handhabung von Stadionverboten gehört zum Beispiel nicht dazu. Letztlich wird das Verbot der Choreographie im Europa-League-Heimspiel gegen den FC Schalke nie fair diskutiert werden können, weil das diskutierte Symbol nie an die Öffentlichkeit kam. Durch ein Herausgeben des Symbols wäre die Wut wahrscheinlich nachvollziehbar gewesen, so bleibt die Gerüchteküche.
Boykott aussetzen, im Sommer zusammensetzen
Borussia Mönchengladbach reagierte mit einem Statement auf die Vorwürfe, das vieles beantworten konnte, jedoch nicht die Reaktion der Ultras. Der Verein hatte nach eigenen Angaben seine Hilfe angeboten, sogar einen Fehler eingestanden. Ein beidseitiges Kommunikationsproblem sorgte für die Zerstörung der Choreographie, die Ultras stehen somit ebenfalls in der Verantwortung. Der Verein würde gerne den Schaden beheben, auch wenn dieser schwer zu beziffern sein wird. Der materielle Verlust ist schnell ausgerechnet, der Frust und die Enttäuschung jedoch nicht. Eine Choreographie repräsentiert den Verein und seine Fans, die Bilder gehen mitunter um die gesamte Welt. Es erfüllt nicht nur die Gestalter mit Stolz, die freiwillig in ihrer Freizeit so viel Engagement für den Verein zeigen. Die Betonung liegt in diesem Fall auf „freiwillig“.
Letzten Endes wirken die Aussagen der Ultras zumindest widersprüchlich, der Verein hat direkt nach dem Feststellen der zerstörten Choreographie den Kontakt gesucht. Die Wut mit den gezogenen Konsequenzen bleibt nicht vollständig nachvollziehbar, weshalb die gestellten Forderungen in Richtung Borussia vielleicht nochmal überdacht werden sollten. Es wäre für alle Parteien das Beste, wenn sich beide Parteien an einen gemeinsamen Tisch setzen würden, um den Streit beizulegen. Es bedeutet jedoch nicht, dass von Seiten des Vereins Zugeständnisse gemacht werden müssen. Die Geschehnisse haben jedenfalls zu keiner Entspannung gesorgt, es fühlt sich eher so an, dass sich die Fans mit ihren unterschiedlichen Interessen immer weiter auseinander bewegen. Dabei werden die Ultras doch immer damit, dass alle im Verein an einem Strang ziehen müssen. Ein Vorschlag: kann nicht bis zur Sommerpause mit dem Boykott gewartet werden, um danach in gemeinsamen Gesprächen die Konsequenzen zu überdenken?