Wie ein Traum

Schon 1998 mit gerade einmal acht Jahren durfte ich ein Spiel der Borussia am Bökelberg bestaunen. Das Spiel endete gegen den VfB Stuttgart zwar mit 2:3, dennoch war mein Herz gleich mit diesem Ort und dem Verein verbunden. Ich kenne die 2. Bundesliga und die Bescheidenheit, die einen großen Teil der Gladbacher Gemeinschaft ausmacht. Spieler wie Igor Demo, Max Eberl, Arie van Lent, Jörg Stiel, Peer Kluge, Jeff Strasser, Vaclav Sverkos bleiben mir in Erinnerung. Die Liste hätte ich jetzt noch ewig fortführen können. Sie bezeichnet eine eher erfolglose Zeit der Borussia bis Funktionäre im Verein eine Wende herbeiführen wollten. Der Erfolg sollte zurück! Unfassbar, dass man nach der Zeit um die Verantwortlichen Peter Pander und Dirk Advocaat wieder in die Erfolgsspur gefunden hat. Viel Glück und wahrscheinlich auch harte Arbeit haben die Borussia auf eine Ebene gehievt, wie ich es hätte mir nie vorstellen können.

Der Start in eine neue Ära verlief holprig. Nach dem direkten Wiederaufstieg mit Jos Luhukay kam es in der 1. Bundesliga nicht zu dem erwarteten Erfolg. Die Entlassungen des Trainers und des Sportdirektors Christian Ziege hatten zur Folge, dass der Verein sich kurzfristig auf ein Ziel festlegen musste: Klassenerhalt. Dafür waren vor allem Hans Meyer, Max Eberl und Steffen Korrell verantwortlich. Der Abstieg wurde verhindert. Vor allem ein Last-Minute-Treffer durch Roberto Colautti gegen den FC Schalke 04 bleibt in Erinnerung. Noch heute kann man sich diesen Treffer auf diversen Videoportalen anschauen.

Aufbruch in eine neue Ära
In der Sommerpause wurde Michael Frontzeck als neuer Trainer eingestellt. Hans Meyer wurde zu einem wichtigen Mitglied im Vorstand, Rainer Bonhof übernahm den Posten als Vize-Präsident, um für den sportlichen Bereich beratend zu wirken. Eine neue Philosophie wurde dem Verein eingehaucht. Vor allem Kontinuität, Bescheidenheit und das Fördern von jungen Spielern wurden auf die Agenda geschrieben. Die Fohlenelf vom Niederrhein sollte wiederbelebt werden. Nach einer zweiten erfolglosen Saison von Michael Frontzeck wurde Lucien Favre als neuer Trainer vorgestellt. Seine Idee vom Fußball brachte Borussia in die Relegation, wo Igor de Camargo in der letzten Minute der Nachspielzeit das 1:0 gelang. Vielleicht wurde an diesem Punkt die neue Ära geschaffen.

In den letzten Jahren wurden etliche Talente hervorgebracht. Spieler wie Marco Reus, Dante, Marc-André ter Stegen und Granit Xhaka haben sich bei Borussia zu Größen entwickelt und wurden für verhältnismäßig hohe Ablösesummen transferiert. Das hat dem Verein eine kontinuierlichen Fortschritt ermöglicht, der bis heute anhält. Der Kader besteht heute aus Spielern, wo man vor fünf Jahren nur von geträumt hätte. Christoph Kramer, Raffael, Lars Stindl, Jannik Vestergaard, Yann Sommer und wie sie nicht alle heißen. Natürlich wird es weiterhin Abgänge geben, jedoch bleibt der Kern des Teams inzwischen länger beisammen als zu Zeiten in der Abstiegszone.

Erster Gegenwind und die große Wende
Der schier unaufhaltsame Aufschwung der Borussia bekam Gegenwind. Der schlechte Start in der Bundesliga und eine deutliche Niederlage beim FC Sevilla in der Champions League trübten die Vorfreude auf die weitere Saison. Als dann der Rücktritt von Lucien Favre bekannt wurde, war die Hoffnung auf ein erfolgreiches Abschneiden verschwunden. Dennoch gelang es André Schubert dem Team wieder Selbstbewusstsein zu geben und man konnte in der Champions League und in der Bundesliga viele Partien erleben, die an alte Zeiten erinnern lassen. Ein vierter Platz zum Ende der Saison gelang noch keinem Verein, der in den ersten fünf Partien verloren hatte. Selbst der Abgang von Granit Xhaka zum FC Arsenal brachte keine weitere Unruhe in den Verein. Es wirkte alles abgeklärt.

Nach dem Ausscheiden gegen Dynamo Kiew in den Champions League Play-Offs hat man dazugelernt. Damals wurden noch von den jungen Wilden zu viele Fehler gemacht, die auf europäischer Ebene hart bestraft wurden. Jetzt siegt man mit 9:2 in der Endabrechnung gegen Young Boys Bern und man darf sich in der Gruppenphase der Champions League nun erneut mit Manchester City, dem FC Barcelona und Celitc Glasgow messen. Die Erfahrung u.a. aus den Partien gegen Juventus Turin und dem FC Sevilla werden sicher bei den kommenden Aufgaben helfen.

Der Verein hat sich rasant entwickelt. Deshalb muss man auch aufpassen, dass man bei den ganzen Erfolgen nicht abhebt! Die Zeit mit Abstiegskampf in einer Saison liegt noch gar nicht so fern. Man muss diesen Luxus einfach genießen, wenn man zum Beispiel eine Auswechslung von Christoph Kramer erlebt, damit Mo Dahoud auf den Platz gehen kann. Zuletzt sah die Ersatzbank immer so aus, als wenn jeder von ihnen für die Startelf infrage kommt. Dazu kommen die Talente und Verletzte, die bislang noch auf der Tribüne platz nehmen müssen.

Geordnete Gedanken
Ich denke bei einem kühlen Bier wieder an die alten Zeiten auf dem Bökelberg, wo noch Kerle wie Arie van Lent, Jeff Strasser und Peer Kluge den Rasen umgepflügt haben. Das Hoch der Gefühle war ein 12. Platz – ich hätte da niemals an die Champions League gedacht. Man hat zwar Spiele in der Königsklasse verfolgt, aber dabei hat Borussia natürlich nie eine Rolle gespielt. Und jetzt? Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich dieses Lied von B.O. als passend empfinden werde: Meisterschaft am Niederrhein.

Die Schale werden wir schon holen, den Traum hat man uns nicht gestohlen.
Jetzt sind wir wieder da! VfL Borussia!

Dieser Traum erscheint inzwischen realistischer denn je.

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