Nach nur einer Saison wurde Daniel Farke nach den wochenlangen Gerüchten wenig überraschend entlassen. Es gibt durchaus Gründe für diese Entscheidung, Borussia sollte aber auch selbstkritisch sein.
Daniel Farke hat mit seinem ersten, euphorischen Auftritt viel versprochen, und dadurch von Beginn an polarisiert. Fürsprecher behaupten, dass er aus den gegebenen Umständen das Bestmögliche herausgeholt hat. Widersacher halten dem entgegen, dass er sich mehr nach den Voraussetzungen hätte richten müssen, anstatt negative Ergebnisse aus den unterschiedlichsten Gründen zu relativieren. Dieser Streit ist nun beendet, denn Borussia hat ungeachtet dieser beiden Betrachtungsweisen eine Entscheidung getroffen. Farke muss nach nur einer Saison gehen. Bei einer gemeinsame, ausführliche Saisonanalyse sind beide Parteien zum zu dem Entschluss gekommen, die Zusammenarbeit zu beenden.
Es hat schon länger gebrodelt
Die genauen Gründe für diese Entscheidung lassen sich maximal herleiten, Äußerungen seitens Borussia zu den eigenen Beweggründen gibt es nicht. „Farke raus“-Rufe, wütende Fans oder dergleichen sind dafür aber sicher nicht ausschlaggebend gewesen. Im Verein hat es schon länger gebrodelt, der Trainer wurde für seine Kommunikation und seiner Haltung gegenüber der Mannschaft kritisiert. Bei der Mitgliederversammlung beklagten sich viele Fans darüber wie „blutleer“ die Mannschaft auftritt. Kramer bestätigte einige Wochen später diesen Eindruck durch sein Statement nach dem Unentschieden in Leverkusen. Es stellt sich schon die Frage, wieso ein Führungsspieler bereit ist diesen Schritt zu gehen, während sich der Trainer über Monate aufopfernd vor die Mannschaft gestellt hat. Das könnte ihm zum Verhängnis geworden sein.
Saisonziele verpasst
Ein Blick auf die Saisonziele verrät: die Stimmungslage konnte mit ihm als Trainer nicht gekippt werden. Dafür sorgte beispielsweise seine nicht nachvollziehbare Äußerung zur Darbietung seiner Mannschaft beim 1:2 in Stuttgart. Auch in der darauffolgenden Pressekonferenz umschiffte er den Kern der Kritik, obwohl ein schwacher Kommunikator wie Virkus klar benennen konnte, dass das „Wie“ die Fans im Gästeblock dazu veranlasst hat, sich wegzudrehen. Borussia sei eine Familie, so die Worte des Trainers. Bei Marvin Friedrich schien er nach seiner „verbalen Hinrichtung“ eine Ausnahme gemacht zu haben, ein Ausschnitt seiner Kommunikation in Extremen. In dieser Saison hat er öfters über Champions League gesprochen als vermutlich jeder Fan an der Eckkneipe, während sich niemand an eine letztjährige Zitter-Saison im Abstiegskampf erinnern konnte. Die Diskrepanz zwischen seinen Worten, um dem was auf dem Platz zu sehen war, fiel dann kaum noch auf. Die Medienschelte vor dem Heimspiel gegen Frankfurt wurde inzwischen auch vergessen.
Einfache Relativierungen
Auch die Pressekonferenz der Marke Eigenwerbung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Saisonziele „Einstelligkeit“ und eine stabile Saison zu spielen nicht erreicht wurden. Borussia ist nicht im Soll, auch wenn Daniel Farke das im Grundsatz so darstellen wollte. Die unterschiedlichsten Interviews mit Spielern deuten stark daraufhin, dass ursprünglich auf Platz sieben geschielt wurde. Es lässt sich sicher darüber streiten, ob sechs Gegentore weniger zur Vorsaison den Ausschlag dafür geben, ob die Defensive stabilisiert wurde. Mit verletzten Abwehrspielern zu argumentieren, die es erschwert haben sollen, dieses Ziel zu erreichen, macht im Hinblick auf die Personalsorgen unter Adi Hütter keinen Sinn. Auch ein Blick auf die „weichen“ Faktoren verrät, dass Borussia nicht zu dem geworden ist, was sich Farke ursprünglich vorgestellt hat. Das Schlagwort „Resilienz“ fiel zuletzt gar nicht mehr, von einem Fußball, mit dem sich Fans identifizieren können, davon kann auch keine Rede sein. Borussia hat schon immer für Fußball mit viel Ballbesitz gestanden?
Borussia muss auch selbstkritisch sein
Es wurde bereits angedeutet. Nach meinen Informationen waren sich Daniel Farke und Roland Virkus spätestens in den Wochen nach der Mitgliederversammlung in einigen Punkten uneins. Zum damaligen Zeitpunkt war von einer Trennung keine Rede. Erst kurz vor dem Auswärtsspiel in Dortmund verbreitete sich das Gerücht, dass Farke hinwerfen würde, bestätigen ließ sich dieses jedoch nicht. In diesem Zusammenhang ist es durchaus vorstellbar, dass der Trainer von sich aus zu dem Entschluss gekommen sein könnte, den Verein zu verlassen. Die fehlende öffentliche Rückendeckung richtete einen Schaden an, der im Nachhinein gar nicht mehr repariert werden konnte. Nach jeder Niederlage wären Fragen gekommen, wenn der potenzielle Nachfolger nur auf seine Einstellung wartet. Es reicht ohnehin nicht aus nur auf Farke zu blicken, auch die sportliche Führung wird sich zumindest fragen müssen, wie eine Übergangssaison mit einer Trainerentlassung enden konnte. Der anstehende große Umbruch wird dadurch nur komplexer. Nach Kicker-Informationen könnte Nils Schmadtke ein Teil der Lösung sein, der den sportlichen Bereich verstärken soll.
Ein Trainer ist nicht nur Sympathieträger
Daniel Farke ist nicht an seinen taktischen Fähigkeiten oder seiner Idee vom Fußball gescheitert, Taktik-Blogger können das ohnehin besser einordnen. Es haben Differenzen vorgelegen, die sich offensichtlich nicht mehr kitten ließen. Borussia hat es dennoch mit Stil versucht, immerhin hätten sie nach dem Auswärtsspiel in Dortmund durchaus die Möglichkeit gehabt Farke vorzeitig zu entlassen. Auch wenn Virkus bei seinen Statements alles andere als souverän wirkte, so soll er intern genau die richtigen Fragen gestellt haben. Farke weiß durchaus öffentlich zu überzeugen, Fans für sich zu gewinnen. Schlussendlich war er jedoch angestellter Trainer, der mit seinen Analysen, Kompetenzen und Ergebnissen punkten muss. Ziele werden formuliert, damit sie erreicht werden, nicht um sie zu relativieren. Eine Fortsetzung der Zusammenarbeit wäre nur dann sinnvoll gewesen, wenn sich alle Parteien sicher gewesen wären, dass Borussia in dieser Konstellation erfolgreich sein kann.
Daniel Farke ist an dieser Stelle viel Erfolg für seinen weiteren Weg zu wünschen. Mit seiner Hingabe zu diesem Sport wird er sicher eine neue, spannende Aufgabe finden. Borussia verliert mindestens einen sympathischen Menschen, der Borussia gerne weiterentwickelt hätte.