Taktische (R)Evolution, vom 4-4-2 zum 4-3-3

Mit den Eindrücken aus dem Testspiel in Southampton ist die 4-3-3-Formation nicht mehr nur Theorie auf dem Papier. Es war nun offensichtlich zu erkennen wie Dieter Hecking dieses System interpretiert. Die Borussia entwickelt sich weiter, ohne alles vorher schon Bestehende umzuwerfen. Das bewährte 4-4-2 hat jedoch erstmal ausgedient.

In der Ära Lucien Favre in Mönchengladbach wurde Borussia Barcelona geboren. 2011 war Tiki-Taka im Trend, der FC Barcelona dominierte den europäischen Fußball. In den letzten sieben Jahren hat sich der Fußball weiterentwickelt, die Fohlenelf irgendwie nicht. Bei den letzten beiden Turnieren, der EM in Frankreich und der WM in Russland wurde vorgeführt, wie auf die Fußballkunst aus Spanien reagiert wurde. Die Balleroberung und das Tempo im Umschaltspiel haben an Bedeutung gewonnen, während die Fohlen immer noch mit Ballbesitz ihr Glück versucht haben.

Evolution statt Revolution

Dieter Hecking hat sich etwas einfallen lassen, ohne eine Revolution anzustoßen. Es ist viel mehr eine Evolution, die überfällig war. Mittelstürmer, Dreierkette, taktische Flexibilität im Spiel – das alles schien an der Borussia vorbeigegangen zu sein. André Schubert verfolgte einen ähnlichen Ansatz, war aber offenbar überfordert. In der Sommervorbereitung sollen Alassane Pléa als Stürmer ins neue 4-3-3-System integriert, eine Dreierkette einstudiert, und mehrere Formationen trainiert werden. Der Trainer hatte sich viel vorgenommen, und packt das an was angepackt werden muss.

Beim Test in Southampton war vor allem in der ersten Hälfte der neue spielerische Ansatz zu sehen. Die Abwehr der Saints wurde immer wieder aggressiv angelaufen, sodass Abspielfehler provoziert wurden. Bei Ballgewinn wurde schnell umgeschaltet, vor allem Florian Neuhaus und Jonas Hofmann zogen das Tempo an. Dadurch wurden gefährliche Torchancen kreiert – im Kopf bleiben mehrere Situationen mit Fabian Johnson. Auch wenn das Kombinationsspiel bei Weitem nicht perfekt war, die Bereitschaft den Ball zurückzuerobern war enorm. Durch diesen unermüdlichen Einsatz gelang es Southampton kaum mit dem Ball über die Mittellinie zu kommen.

Erfreuliche Überraschungen, und ein Wermutstropfen

Das zentrale Mittelfeld nahm schon eine Schlüsselrolle ein. Die drei fügten sich alle in ihrer eigenen Art und Weise ins Spiel ein. Strobl war eher der verteidigende Sechser, Hofmann der variable Achter und Neuhaus der kreative Zehner. Strobl war meist derjenige, der die entscheidenden Zweikämpfe im Mittelfeld führte. In Ballbesitz war er der feste Anker, der Ballverteiler, der sich um die möglichst einfachen Pässe bemühte. Das Duo Neuhaus/Hofmann war dagegen deutlich lauffreudiger, und im offensiven Kombinationsspiel involviert. Sie setzen Akzente in Form von Dribblings und feinen Pässen. Die drei waren nicht selten dadurch die Tor-Vor-Vorbereiter.

Nur um einzelne Personalien hervorzuheben: es ist außerdem erfreulich wie überraschend stark sich der 18-jährige Jordan Beyer präsentiert. Auch Fabian Johnson gilt schon länger als mit der auffälligste Akteur in den Testspielen. Alassane Pléa nähert sich dem Bewegungsprofil an, das auch auf YouTube zu sehen war. Nur um es abschließend deutlich zu betonen: die Mannschaft präsentierte sich geschlossen stark. Dieter Hecking kann nach diesem Test viel Positives mitnehmen, hat aber noch im taktischen Verhalten bei Ballbesitz Arbeit vor sich. Außerdem wird ihn der mögliche Ausfall von Ibrahima Traoré beschäftigen, und somit auch die Zukunft von Patrick Herrmann.

2 Kommentare Taktische (R)Evolution, vom 4-4-2 zum 4-3-3

  1. Norbert Förschner

    Ich bin Borussen- Fan seit Ende der 60-ger Jahre und habe noch die glorreichen Zeiten erlebt. Früher haben sich die Spieler mit dem Verein identifiziert. Heute sind die meisten Akteure nur noch “ Arbeitnehmer „. Bis auf Tony Jantschke und Patrick Herrmann, die aus Borussias Jugendinternat hervorgegangen sind und sich zu 100% zu Borussia bekennen. Patrick Herrmann war 2015 Nationalspieler und auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Danach wurde er immer wieder von schweren Verletzungen zurück geworfen. Nun hat er offenbar seine Schuldigkeit getan und man hat keine Verwendung mehr für ihn. Warum bekommt er nicht mal eine Chance über einen längeren Zeitraum ?
    Wenn er fit und gesund bleibt, wird er auch seine Leistung bringen und dem VfL weiter helfen. Patrick ist ein waschechter Borusse !

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    1. Thomas

      Naja, auch früher haben Spieler des Geldes wegen die Borussia verlassen (z.B. Heynckes nach H96).
      Aber natürlich hat sich die Idnetifikation der Aktuere mit ihrem jeweiligen Verein verändert. Nicht zuletzt, weil sie heute von den Verantwortlichen oft mehr als Kapitalanlage gesehen werden („…wenn ein unmoralisches Angebot gemacht wird“).
      Allerdings sollte bei all der Fußballromantik der Leistungsfaktor im Vordergrund stehen.
      Sollte er seine im Vorbereitungsspiel gg. Southampton gezeigte Form stabilisieren, dann wird der Trainer ihm sicherlich auch die Chance(n) geben, sich wieder in die erste Elf zu spielen.
      Leider hat er sich in der vergangenen Saison in immerhin 26 Pflichtspielen nicht wirlich empfohlen.

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