Bestraft mit historischem Ausmaß

Die 1:5-Niederlage im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen wurde der Borussia vor Augen geführt, was eine effektive Chancenverwertung ausmachen kann. Erneut muss sich die Fohlenelf vorwerfen lassen, mit den eigenen Torchancen zu fahrlässig umgegangen zu sein. Eine grandiose erste Hälfte rückt in den Hintergrund, weil sich die Mannschaft nicht belohnt. Die Flut an Fehlern wirft wiederholt Fragen auf, die längst hätten beantwortet sein müssen.

Michael Cuisance stand für den verletzten Christoph Kramer auf dem Platz, neben ihm Denis Zakaria. Beide sind hoch veranlagt, brauchen aber auch Führung. Das Fehlen des Weltmeisters sollte sich noch bemerkbar machen. Immerhin ist er der einzige Bundesliga-erfahrene Borusse auf der Doppelsechs, nachdem Tobias Strobl eine schwere Knieverletzung erlitt. Er ist vom Spielertyp her jemand, der einer Defensive Stabilität geben kann. Die Qualitäten des Ex-Leverkuseners werden häufig unterschätzt, obwohl er viele Kilometer pro Spiel läuft, um Lücken zu schließen. Die jüngste Doppelsechs war zunächst das Gesicht einer furiosen ersten Halbzeit. Der junge Franzose verzückte mit feinen Pässen das Publikum im Stadion, der Schweizer Nationalspieler erkämpfte sich Ball um Ball. In der zweiten Hälfte des Spiels schlägt sich die Fohlenelf jedoch selbst. Mittendrin: Cuisance und Zakaria.

Als wäre ein Schalter umgelegt worden

Es war wahrscheinlich die beste Halbzeit der Saison. In einer beeindruckenden Art und Weise kombinierte sich die Offensive der Fohlenelf vor das Tor von Bernd Leno. Nach 7 Minuten zappelte der Ball im Netz. Nach einer Flanke von Thorgan Hazard schoss Fabian Johnson den Ball in die Maschen. Eine durchaus verdiente frühe Führung. Danach wurden einige Großchancen dermaßen fahrlässig vergeben, dass eine alte Fußballweisheit ausgesprochen werden musste:“Wenn man sie vorne nicht macht, kriegt man sie hinten.“ Thorgan Hazard und Raffael vergaben es dann, den begeisternden Fußball zu belohnen. Eine 3:0-Führung wäre verdient gewesen. Bayer Leverkusen fand kaum Mittel zur Entlastung, sodass keiner erahnen konnte, was in Halbzeit zwei folgen sollte.

Heiko Herrlich hatte sich dazu entschieden die Leverkusener Offensive flexibler aufzustellen. Mit der Einwechslung von Julian Brandt wurde Bayer deutlich aggressiver im Pressing, und störte wesentlich früher. Die Fohlenelf schien zunächst damit umgehen zu können, und spielte weiter nach vorne. Oscar Wendt bekam den Ball in bester Position, knapp 16 Meter frei vor dem gegnerischen Tor. Anstatt sich jedoch für den Torschuss zu entscheiden, legte er den Ball nach außen ab, der Angriff verpuffte. Als hätte jemand nach dieser Szene einen Schalter umgelegt, entwickelte sich die Begegnung in eine ganz andere Richtung.

20 Minuten reichen für 4 Tore

Bayer Leverkusen bekam wenige Sekunden später einen Eckstoß zugesprochen. Nach der Ausführung der Ecke wurde der Ball derartig abgefälscht, dass Yann Sommer am Ball vorbeisegelte. Sven Bender war schließlich der Profiteur, und erzielte mit seinem ersten Saisontor den Ausgleich. Danach setzte Bayer die Abwehr der Fohlenelf immer weiter unter Druck, sodass sich immer wieder Fehler im eigenen Spielaufbau einschlichen. Lars Stindl, Michael Cuisance und Nico Elvedi ließen sich zu leichten Ballverlusten verleiten, die gnadenlos bestraft wurden. Szenen, die in ihrer Art und Weise an die 0:4-Niederlage auf Schalke in der vergangenen Saison erinnerten. Das was der Fohlenelf in 45 Minuten nicht gelang, das schafften die Leverkusener in etwa 20 Minuten. Der Borussia wurde vorgeführt, wie wertvoll das Nutzen von Torchancen sein kann.

Wo muss angesetzt werden?

Die erste Halbzeit war grandios, auch wenn die Torausbeute hätte besser sein können. Nach einer Ecke ein etwas unglückliches Gegentor zu kassieren, das kann auch passieren. Wenn die Mannschaft danach aber Auflösungserscheinungen zeigt, und sich wiederholt zu den gleichen Fehlern hinreißen lässt, dann wirft das einige Fragen auf. Vor allem dann, wenn Führungsspieler nach Abpfiff zu Protokoll geben, dass der Plan für die zweite Hälfte war an die erste anzuknüpfen. Dieser ist bekanntlich nicht aufgegangen. Die Fohlenelf zeigt stattdessen ein völlig anderes Gesicht, die Mannschaft wirkte verunsichert. Ein Phänomen, das sich durch die bisherige Saison zieht: deutliche Leistungsunterschiede zwischen beiden Hälften. Nach zwei Siegen in Folge hatte der Trainer den Eindruck, dass die Fohlenelf ihre Stabilität gefunden hat.“Derzeit wirkt die Mannschaft auf mich allerdings sehr stabil“. Dieter Hecking muss sich geirrt haben.

Die 1:5-Heimniederlage ist die zugleich höchste Niederlage überhaupt im Borussia Park. Dieses historische Ausmaß sollte zum Nachdenken anregen. Wer die Borussia um 2006 hat spielen sehen, der weiß warum. Der aktuelle Kader gibt sicher deutlich mehr her, als damals um Spieler wie Bernd Thijs, Tobias Levels und Kahê. Es sollten die Alarmglocken schrillen, denn solche Klatschen dürfen nicht zur Gewohnheit werden. Der Trainer ist gefragt die passenden Lösungen zu finden. Die Zeit der Entwicklung und Experimente muss beendet werden, die Mannschaft muss endlich ihre Balance finden. Der Geduldsfaden ist bald gerissen, vor allem wenn wiederholt die gleichen Fehler begangen werden. Die Spielanlage der Borussia stagniert, an den europäischen Wettbewerb darf gar nicht gedacht werden. Mehr als für das sichere Mittelfeld scheint es nicht zu reichen, was das ausgesprochene Saisonziel verfehlen würde.

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