Es ist – ganz offensichtlich – noch nichts vorbei

Nach der 0:1-Niederlage in Augsburg, nur vier Punkten nach fünf Spieltagen und einem Tabellenplatz im unteren Drittel der Liga hat die Borussia zweifelsohne einen Fehlstart hingelegt. Adi Hütter muss sich seit seinem Amtsantritt im Juli einer Herausforderung nach der anderen stellen. Der Misserfolg wird durch verschiedene Gründe erklärbar, sollte aber nicht ganz so einfach hingenommen. Die Mannschaft steht vor allem in der Pflicht ihre Qualitäten auf den Platz zu bringen.

Bereits Anfang August war hier auf schwarzweissgruen zu lesen, dass zum Saisonstart vor allem Ruhe gefragt sei. Ein schwacher Start wurde nicht als unwahrscheinlich erachtet. Die Gründe wurden damals aufgeführt, und bleiben bis hierhin unverändert. Das Trainerteam hatte in den vergangenen zweieinhalb Monaten zwei volle Trainingswochen um mit dem Gesamtkader, abzüglich der verletzten Spieler, zu arbeiten. Adi Hütter ist immer wieder damit konfrontiert auf Leistungsträger verzichten zu müssen. Auch für die kommenden Aufgaben ändert sich dieser Umstand nicht wesentlich. Zwischenzeitig fehlten alle noch vorhandenen Neuzugänge des letzten, „richtigen“ Transfersommers vor der Pandemie: Breel Embolo, Marcus Thuram, Ramy Bensebaini und Stefan Lainer. Noch schwerer wiegen solche Ausfälle wenn andere ihrer Form hinterherlaufen.

Die Leistungsträger sind in der Pflicht

Durch die zahlreichen Ausfälle in den vergangenen Wochen haben die jüngsten Spieler im Kader das Vertrauen des Trainers erhalten. Adi Hütter setzt auf Joe Scally(18), Luca Netz(18) und Jordan Beyer(21), und hält damit im Gegensatz zu seinem Vorgänger sein Wort. Fehler werden ihnen zugestanden, sie dürfen sich auf höchstem Niveau weiterentwickeln. Trotz dieser Unerfahrenheit im Abwehrverbund gelingt es dem Trainer ein weiteres offen kommuniziertes Ziel zu erreichen. Die Defensive wirkt weitestgehend stabilisiert, denn seit dem Debakel in Leverkusen lässt sie kaum mehr hochkarätige Torchancen zu. Die letzte Absicherung passt, wenngleich individuelle Fehler das Gesamtbild zerstören. Die Mannschaft entwickelt sich taktisch gesehen in eine richtige Richtung, Aussetzer wie vor dem 0.1 müssen grundsätzlich individuell betrachtet werden.

Stichwort Aussetzer: Florian Neuhaus wäre in dieser Statistik wahrscheinlich führend. Der deutsche Nationalspieler veranschaulicht sehr eindrucksvoll wo die weiteren Probleme in der Anfangsphase dieser Saison liegen. Der eigentliche Taktgeber im Mittelfeld der Borussia zeigt sich in den vergangenen Wochen derart fehleranfällig, das im Spielzentrum ein Vakuum entsteht. Gleichzeitig stehen die Jüngeren auf dem Platz noch mehr in der Verantwortung, weil mehr von den Außenverteidigern bzw. Innenverteidigern abhängt. Auch von einem Denis Zakaria kann, Stand jetzt, nicht erwartet werden diese Lücke im Mittelfeld kurzfristig zu schließen, der nach seiner schwerwiegenden Knieverletzung monatelang ausfiel und immer noch mit sich selbst beschäftigt ist. Christoph Kramer hat sich aufgrund seiner schwachen Leistungen in dieser Saison auch nicht gerade für eine Führungsrolle empfehlen können. Manu Koné ist nach seiner Knieverletzung komplett außen vor, stand an diesem Wochenende überhaupt erstmals im Kader. Es scheint kaum einer in Bestform zu sein, was aufgrund der suboptimalen Vorbereitung, der Europameisterschaft und längeren Ausfallzeiten nicht überraschend ist.

Rosige Hinterlassenschaften?

Es wäre nun müßig darüber zu diskutieren, inwiefern die Trainingsarbeit der vergangene Saison einen Einfluss auf die jüngsten Ergebnisse hat. Fakt ist jedoch, dass die Offensive ähnlich ideenlos agiert wie unter Marco Rose. Bei der Arbeit gegen den Ball, einem Kritikpunkt der vergangenen Saison, konnte Adi Hütter bereits erste nachweisbare Fortschritte erzielen. Der Kader wurde in den vergangenen Jahren, wenn überhaupt, durch externe Neuzugänge verändert, Talente wurden in dieser Zeit nicht herangeführt. Hütter steht nun vor der Herausforderung das alles anzupacken, bzw. hat verschiedene Entwicklungen bereits angestoßen. Im letzten Drittel fehlt es allerdings nach wie vor erfolgsversprechende Lösungen – kein einziger Torschuss beim FC Augsburg ist ein deutliches Warnsignal. Klar ist: die Mannschaft wird mit dem Trainer daran arbeiten müssen um effektiver vor dem gegnerischen Tor zu werden. Lars Stindl sprach im Aktuellen Sportstudio von „Kleinigkeiten“ im Passspiel und der schnellen Entscheidungsfindung, was danach klingt, dass derzeit noch ein Lernprozess stattfindet.

Die Borussia wird weiter kritisch beäugt werden, denn es braucht ohne Frage positive Ergebnisse. Es macht unter den bereits geschilderten Bedingungen und nach fünf Spieltagen jedoch keinen Sinn den Abstiegskampf auszurufen, oder die Entlassung des Trainers zu fordern. Es ist auch nicht der Zeitpunkt um den gesamten Verein und seine Verantwortlichen infrage zustellen. Derzeit hilft es vor allem die Ruhe zu bewahren, auch wenn die Aufgaben in den kommenden Wochen nicht einfacher werden. Adi Hütter hat bereits in Frankfurt bewiesen, dass ein schwacher Start nichts zu bedeuten hat. Der Österreicher hat wie bei den Young Boys aus Bern auf einen nachhaltigen, nicht einen kurzfristigen Erfolg gesetzt. Wenn derzeit jemand in der Pflicht steht, dann sind es die Spieler, die Leistungsträger, die bei anderen Vereinen Begehrlichkeiten geweckt haben. Es gilt nun die Qualitäten im Kader abzurufen, die zweifelsfrei vorhanden sind.

3 Kommentare Es ist – ganz offensichtlich – noch nichts vorbei

  1. Michael Wahrheit

    Danke für die wahren Worte. Meines Erachtens liegt das Problem tatsächlich in der mangelnden Zeit der Vorbereitung. Das hatten andere auch, aber die haben weniger Verletzungspech und daher weniger neue Spieler einzubauen.

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    1. Stefan Güttgemanns

      Ich sehe das ein wenig anders. Vorab gebe ich dem neuen Trainer keine Schuld. Bei der Verkündung von Rose, Gladbach zu verlassen und mit dem Köln Spiel ist ein tiefer Riss bei Borussia entstanden. Dieser konnte bis heute nicht gekittet werden. Außer den Trainer zu wechseln wurde auch nichts anders getan um wieder Aufbruchstimmung zu erzeugen. Die Mannschaft ist keine homogene Einheit mehr und einige Spieler sind mit ihrem Kopf doch schon in der Wintertransferperiode.

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  2. ralf schädle

    Es fehlt an Mentalität,Zielstrebigkeit und Tempo und alle Spieler,die diese Attribute erfüllen,sind verletzt(Thuram,Embolo,Bensebaini,Lainer)-im übrigen genau die Spieler,die von Rose bei Amtsantritt geholt wurden,um o.g. Defizite zu beheben…Außer Stindl weit und breit kein halbwegs torgefährlicher Spieler zu sehen,viel zu viele Mitläufer,die an massiver Selbstüberschätzung leiden und selbst ein Stammspieler der Nationalmannschaft ist nicht in der Lage,Führungsaufgaben zu übernehmenSelbst die Standards befinden sich auf Kreisliga-Niveau.Die Situation ist mehr als gefährlich und angesichts leergefegter Kassen auch keine Besserung in Sicht!Zwar beweisen seit längerem mehrere Trainer,daß auch mittelmäßiges Personal zu guten Leistungen geführt werden kann(Baumgart,Streich,Fischer,Matterazzo,Svensson) aber genau das traue ich unserem Übungsleiter und seinem Trainerteam nicht zu,da er,genau wie ein Großteil unserer Mannschaft,gnadenlos überschätzt wird!Frankfurt spielte genau nur dann erfolgreich,wenn Kostic und Silva performten,war das nicht der Fall,war von einem Plan B weit und breit nichts zu sehen,genausowenig wie nun bei uns…

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