Borussia startet am Sonntag in eine wegweisende Spielzeit. Mit Daniel Farke an der Seitenlinie wird ein erneuter Neustart und die Rückkehr zum Ballbesitzfußball gewagt. Auch wenn es dem neuen Trainer gelungen ist eine Euphorie für seine Spielidee zu entfachen, bleiben vor allem noch Fragezeichen was den Kader betrifft. Einige Entscheidungen stehen noch an, sodass die Ausgangslage zumindest für den ersten Teil dieser Saison noch offen bleibt. Aufgrund dieser Unsicherheiten machen sich auch gemischte Gefühle breit, die die Vorfreude etwas einschränken.
Was macht Hoffnung für die neue Saison?
Daniel Farke hat nicht viel Zeit gebraucht um von sich und seiner Arbeit zu überzeugen. Der neue spielerische Ansatz lässt die Herzen vieler Fans höher schlagen, die sich zu gerne an „Borussia Barcelona“ zurückerinnern. Aus der Mannschaft heraus sind immer wieder lobende Worte zu hören. Eine klare Idee und klare Strukturen wurden in den vielen intensiven Trainingseinheiten erarbeitet. Der 45-jährige lässt von Beginn keinen Zweifel daran, dass er genaue Vorstellungen davon hat wo er mit der Borussia hin möchte. Es ist ihm ein großes Anliegen eine Einheit zu formen, die sich für diesen Verein zerreißt. Bei ihm klingt es im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern nicht wie antrainiertes, leeres Gerede aus einem Kommunikationsmodul. In Norwich hat er nachgewiesen, dass er das gesprochene Wort auch (vor)lebt. In den Testspielen hat es einen ersten Vorgeschmack auf seinen Fußball gegeben, bei dem sich mehr oder weniger derselbe Kader der Vorsaison dem neuen Trainer präsentieren durfte.
Es gibt zwei Neue
Ko Itakura und Oskar Fraulo sind die einzigen beiden, echten Neuzugänge bei der Borussia. Itakura hat sich durch seine starke Aufstiegssaison beim FC Schalke interessant gemacht. Wer sich in die Herzen der Gelsenkirchener spielen kann, der kann nicht viel falsch gemacht haben. Dennoch bleibt abzuwarten wie schnell sich der Japaner an das Tempo in der 1. Bundesliga wird gewöhnen können. Fraulo besitzt noch weniger Erfahrung als der japanische Nationalspieler, ist aber auch bedeutend jünger. Mit seinen 18 Jahren kommt er gerade einmal auf wenige Einsatzminuten im Profifußball in seiner dänischen Heimat. In den Testspielen konnten sich Beobachter einen ersten Eindruck von ihm machen, und ihm einen starken ersten Ballkontakt, sowie eine gute Übersicht attestieren. Der junge Däne hat immer wieder sein Potenzial aufblitzen lassen, wird sich aber in Geduld üben müssen. Dennoch, das sportliche Team hat hier offensichtlich kluge Transfers getätigt. Diese beiden Investitionen erscheinen wohl überlegt und angemessen für ihren Preis. Damit sind die Transferaktivitäten jedoch noch nicht beendet.
Wo liegen die Baustellen?
Denn dieser Sommer unterscheidet sich nicht grundsätzlich von denen der vergangenen Jahre. Der Kader wurde bislang ausschließlich punktuell verstärkt, und auch nur dann wenn ein Abgang zu verzeichnen war. Ein zwischenzeitig angekündigter Umbruch blieb aufgrund des Trainerwechsels aus, wäre aber auch grundsätzlich nicht umsetzbar gewesen wenn die entsprechenden Angebote fehlen. Roland Virkus hat somit mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen wie einst Max Eberl, wie beispielsweise die Wünsche des Trainers zu erfüllen. Daniel Farke hat sich unlängst dafür ausgesprochen die Offensive breiter aufzustellen. Yvandro Borges-Sanches wird noch etwas Zeit eingeräumt, in der sich der 18-jährige ohne Druck zu einer echten Alternative weiterentwickeln kann. Bei Patrick Herrmann reicht es nicht auf den gefühlt fünften Frühling zu hoffen. Bei einem einzelnen Ausfall würde die Personaldecke schon merkbar dünn aussehen, siehe beim letzten Testspiel gegen Real Sociedad. Darauf zu setzen, dass die absolut gesetzten Leistungsträger in der Offensive verletzungsfrei bleiben, käme einem Ritt auf der Rasierklinge gleich. Die sportliche Führung hat inzwischen angekündigt, dass im Sturm noch etwas passieren wird, um die Breite des Kaders zu stärken. Es ist auch in diesem Sommer viel Geduld gefragt.
Uneinigkeit und Fragezeichen
Eine Prognose zu treffen wäre aufgrund des unfertigen Kaders unseriös. Auch Borussia selbst macht es einem schwer zu verstehen was das Ziel dieser Saison sein wird. Stephan Schippers spricht bereits schon über die „Einstelligkeit mit Blick nach oben“, während Roland Virkus keine Aussage dazu treffen möchte. Es soll wie bei der Mitgliederversammlung angekündigt eine Übergangssaison geben. Auch der Trainer fokussiert sich mehr darauf was auf dem Platz geschieht, spricht weniger über bestimmte Platzierungen. Diese Uneinigkeit ist nur ein Beispiel dafür wie schwer es der Verein einem macht sich auf das einzustellen was wir Fans in dieser Saison erwarten können. Borussia möchte zur Ruhe kommen, bestenfalls über attraktiven Fußball und entsprechende Ergebnisse. Das was aber nicht außer Acht gelassen werden darf: die zahlreichen auslaufenden Verträge aus dem Club der „2023er“ könnten noch länger für Gesprächsstoff sorgen – insbesondere in schwächeren Phasen der Saison. Hinzukommt, dass ein in Mönchengladbach verehrter ehemaliger Sportdirektor versuchen könnte aus seinem Vertrag rauszukommen. Das alles möglichst früh und intern zu klären muss für Borussia die absolut höchste Priorität haben.
Zusammengefasst
Daniel Farke steht mit seinem spielerischen Ansatz für den Umbruch bei Borussia. Auf seinen Schultern lastet der Druck eine echte Trendwende einzuleiten und den Verein wieder zur Ruhe zu bringen. Das wird aber auch davon abhängen zu welchem Abschluss die Vertragsgespräche gebracht werden können, und wie Borussia noch auf dem Transfermarkt agieren wird. Es bleibt uns nichts weiter übrig als abzuwarten, und zu hoffen, dass der Verein bestmöglich handelt und entscheidet, sodass eine neue Unruhe gar nicht mehr aufkommen kann. Denn alles von einer Person abhängig zu machen, da wissen wir ja inzwischen wohin das führen kann.
„Der Kader wurde bislang ausschließlich punktuell verstärkt, und auch nur dann wenn ein Abgang zu verzeichnen war.“ Stimmt nicht. Fraulo und Itakura sind sicher kein Ersatz für Zakaria, Ginter und Embolo. Und mitnichten eine punktuelle Verstärkung des Kaders. Das ist purer Euphemismus.