Schmerzhafte Erkenntnisse

Borussia steckt in einer historisch tiefen Krise, die das Sportmanagement so hat nicht kommen sehen. Die Niederlage bei Union Berlin offenbart, dass der im Sommer zusammengestellte Kader seine Bundesligatauglichkeit schwer erarbeiten muss.

In seinen Statements ließ Stefan Stegemann durchklingen, was er sich vom neuen Sportchef wünscht und was ihm beim vorherigen vermeintlich gefehlt hat: „Wir suchen eine starke Persönlichkeit mit sportlicher Fachkompetenz.“ Der Neue heißt nun Rouven Schröder, der sich beim 1:3 bestätigt gefühlt haben muss, in der Abwehr noch eine Neuverpflichtung vorzunehmen. Für eine optimale Viererkette fehlen die defensivstarken Außenverteidiger, für eine Dreierkette die passenden Innenverteidiger. Hinzu kommen Formschwankungen und Konzentrationsfehler, die schon seit Jahren in aller Regelmäßigkeit auftreten. Die mit dem Abgang von Alassane Plea verlorengegangene fußballerische Qualität wurde mehr oder weniger planlos auf die Schultern von Neuhaus, Reyna und Stöger verteilt. Alle drei haben mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen. Tim Kleindienst fehlt dem Team nicht nur als Leistungsträger, sondern auch als Persönlichkeit. Im Mittelfeld fehlt ein Taktgeber oder ein weniger überforderter Kapitän. Die Mängelliste ließe sich noch erweitern.

Klare Worte von Stegemann

Im Nachhinein wirkt es absurd, dass die vergangenen Jahre als „Entwicklung“ oder „Prozess“ bezeichnet wurden. Diejenigen, die sich entwickeln sollten, überzeugen nicht mit guten Leistungen oder sind verletzt. Manchmal bekommt man den Eindruck, dass mehr das sogenannte „Mindset“ geformt wurde als dass tatsächlich fußballerische Fortschritte erzielt wurden. Im Jugendbereich wäre die Charakterentwicklung maßgeblich gewesen, bei einer Profimannschaft in der Bundesliga gehört mehr dazu. „Er braucht mediale Stärke, ein großes Selbstvertrauen und eine klare Philosophie und Ausrichtung, wohin es mit dem Verein gehen soll.“, sagte Stegemann gegenüber der Rheinischen Post. Nach mehreren Jahren und drei Trainerwechseln ist es nicht gelungen eine klare Identität für Borussia Mönchengladbach zu entwickeln. Der sogenannte „Borussia-Weg“ sollte die ungefähre Richtung vorgeben. Allerdings war diese so unklar definiert worden, dass jedes Navigationsgerät Probleme bei der Wegfindung gehabt hätte. Leider hat es anscheinend einen großen Knall gebraucht, damit das alles wirklich hinterfragt wird.

Die Hoffnung bleibt

Im Frühjahr wurde der Vertrag von Roland Virkus auf unbestimmte Zeit verlängert. Im Sommer hieß es noch, er sitze so fest wie zuvor im Sattel. Bei der letzten Mitgliederversammlung wurde betont, dass mehr Punkte erzielt und weniger Gegentreffer kassiert wurden, als in der damals historisch schwachen Vorsaison. Es hätte nur noch gefehlt, dass ein Flipchart aufgestellt wird. Kritik von außen wurde pauschal als dummes Geschwätz abgetan oder vor Ort irritiert abgewiesen. Die Wagenburgmentalität wurde in seiner vollen Pracht demonstriert. Dafür durften sich Fans anhören, dass sie von der Champions League träumen würden – als wäre der Unmut aus falschen und hohen Erwartungen heraus entstanden. Inzwischen steht fest, dass das Gespür der Fans richtig war. Nun stellt sich die entscheidende Frage: Wie können diese verlorenen Jahre wieder aufgeholt werden? Der neue Sportchef und der Trainer sind nicht zu beneiden. Eugen Polanski muss ausbaden, was ihm hinterlassen wurde. Rouven Schröder muss sich in kürzester Zeit einarbeiten. Es bleibt zu hoffen, dass sich Borussia aus dieser Misere herausarbeiten kann. Die Antworten gibt es in den kommenden Monaten.

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