Wenn nicht alles optimal läuft, dann …

… reicht es nur zu einem neunten Platz. Realistisch betrachtet war einfach nicht mehr drin. Das 2:2 im letzten Heimspiel gegen den SV Darmstadt war ärgerlich, es hatte jedoch keinerlei Auswirkung auf das Saisonergebnis. Nach der Aufholjagd unter Dieter Hecking war die Europa League lange in greifbarer Nähe, aber auch abhängig von Patzern der Konkurrenz vor einem in der Tabelle. Letzten Endes hat die Konstanz aus Berlin, Freiburg und Köln den Unterschied ausgemacht, die in Mönchengladbach in dieser Spielzeit gefehlt hatte.

Wer jetzt also lospoltert, dass die internationalen Plätze aufgrund der letzten Ergebnisse bzw. dem Unentschieden gegen einen Absteiger verspielt wurden, der hat wahrscheinlich einen ziemlich kurzsichtigen Blick. Die schwache Hinrunde wird vergessen, die in Form eines schweren Rucksacks in die Rückrunde mitgetragen wurde.

Krise unter Schubert

Die Hinrunde unter André Schubert war schlicht katastrophal: 16 Punkte in 16 Spielen, 15 erzielte Treffer. Der Start in die Saison verlief sozusagen nach Maß, bis zum Knackpunkt-Spiel auf Schalke. Noch vor dem 6. Spieltag war die Borussia in der angepeilten Tabellenregion, rund um Platz sieben. Danach reichte es bis zur Winterpause nur noch bis zu einem einzigen Bundesligasieg. Die Krise konnte vom Erfolgstrainer der letzten Saison nicht bewältigt werden, viel mehr verschärfte er sie mit einigen fragwürdigen Entscheidungen.

Rückblickend spielten die Ausfälle der treffsicheren Torschützen Raffael, Thorgan Hazard und anderen sicherlich auch eine Rolle. Die Effizienz vor dem Tor war erschreckend, sodass Heimsiege gegen Hamburg, Frankfurt und Hoffenheim verpasst wurden. Wieso jedoch die Verunsicherung in allen Mannschaftsteilen bis zur Winterpause immer weiter anstieg,  das bleibt für einen Außenstehenden schwer zu beantworten.

Aufholjagd unter Hecking

Nach der Entlassung von André Schubert und der Übernahme der Mannschaft durch Dieter Hecking wurde nach dem Jahreswechsel das Ziel „Einstelligkeit“ ausgesprochen. Eine realistische Einschätzung beim Spielprogramm zwischen Januar und März. Innerhalb von 57 Tagen sollten 16 Begegnungen gespielt werden, alle drei bis vier Tage jeweils eine. Das bedeutet eine enorme Belastung für die Fußballer, wenn zusätzlich Ausfälle zu beklagen sind,  kommt es zu Engpässen im Kader. Gezielte Auszeiten werden schwer möglich, was weitere Verletzungen provozieren kann – ein Teufelskreis.

Dennoch wurde in der Bundesliga zu einer Aufholjagd angesetzt und das Achtelfinale der Europa League, sowie das Halbfinale im DFB-Pokal erreicht. In der Vorbereitung auf die Rückrunde wurde in kürzester Zeit die Basis für den Erfolg geschaffen. In Phasen der Dreifach-Belastung konnte gar nicht intensiv trainiert werden, sodass der Trainer den Fokus vollständig auf die wenigen Wochen im Januar richtete. Dieter Hecking muss in dieser Hinsicht gelobt werden.

Hohe Belastung, mehr Tore!

Der neue Trainer verzichtete auf die Rotationen seines Vorgängers, zum Teil wurde er dazu gezwungen. Die Borussia stellt die meisten Spieler in der Liga, die nach Spielminuten mindestens 40 Partien absolvieren mussten. Yann Sommer führt die Statistik mit 50 Partien an, Andreas Christensen und Jannik Vestergaard erreichen 40, Lars Stindl kommt auf 42, Oscar Wendt auf 41.  Keine Überraschung, bis auf den Schweden blieben sie weitestgehend fit im Saisonverlauf. Das könnte erklären wieso in den entscheidenden Momenten der Saison die Konzentration zu fehlen schien, seien es die Pokalspiele oder Begegnungen gegen die Top Vier der Liga.

Es wäre definitiv wesentlich mehr drin gewesen, deutlich unterlegen war die Borussia jedoch in keiner Phase der Rückrunde. In vielen Situationen fehlte das Quäntchen Glück, viele Großchancen wurden kläglich vergeben – auch ein Fingerzeig auf die mangelnde Konzentrationsfähigkeit. Dafür präsentierte sich die Abwehr stabiler als in der Hinrunde, ohne das Offensivspiel gänzlich einzustellen. 30 erzielte Tore in 18 Partien sind eine Steigerung von 100 Prozent im Vergleich zu den 16 Partien vor dem Jahreswechsel.

Pfiffe sind kontraproduktiv

Erwähnenswert: mit 24 Gegentoren stellte die Fohlenelf die fünft-sicherste Verteidigung der Rückrunde. Das wäre wahrscheinlich nicht zu bewerkstelligen gewesen, wenn die junge Mannschaft nicht mit strenger Hand geführt worden wäre. Zeitweise hatte die Verteidigung und das defensive Mittelfeld einen Altersdurchschnitt von 21,5 Jahren. Daher erschrecken Pfiffe bei einer unproduktive Spielweise der Borussia schon sehr. Ein 19-jähriger kann nicht in der Lage sein das Spiel zu lenken, vor allem nicht Wochen nach seinem Profi-Debüt.

Auch das Verhalten gegenüber den nach Dortmund wechselnden Mahmoud Dahoud hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Keine Frage, der Zeitpunkt des Wechsels ist diskutabel, genauso seine Leistungen auf dem Platz. Wenn es nur bei diesem einen Spieler geblieben wäre, in dieser Saison wurden häufiger eigene Spieler ausgepfiffen. Ein Hinweis: die Fohlenelf wird ihrer namensgleichen Philosophie treu bleiben, demnach werden in der Zukunft weiterhin junge, unerfahrene Spieler auf dem Platz stehen und sie werden Fehler machen.

Auch Hecking kam an seine Grenzen

Natürlich ist auch Dieter Hecking kein Zauberer. Lars Stindl, Raffael und Thorgan Hazard erzielten 42 der 72 Treffer in dieser Saison für den Verein, eine unfassbar hohe Quote. Der Brasilianer und der Belgier erzielten trotz längerer Ausfallzeiten weitaus mehr Treffer als einige andere Offensivspieler im Kader. Das gibt einerseits zu bedenken, andererseits verwundert es dann nicht, dass ohne die beiden die Offensive lahmt. André Schubert hatte nicht das Glück, dass sich der Kapitän in Top-Form befand. In der Rückrunde entschied er einige Spiele quasi im Alleingang. 

Für die kommende Saison muss unbedingt am Abschluss gearbeitet werden, an der Konsequenz wie es der Trainer ausdrückt. Im Sturmzentrum wird sich bestimmt noch etwas verändern, schon länger ist der Zukauf eines Mittelstürmers im Gespräch. In den letzten Tagen kursierte nicht ohne Grund der Name Simon Terodde vom VfB Stuttgart in den Medien. Es war in den letzten Spielen immer wieder zu beobachten: bis in den Strafraum konnte kombiniert werden, dann fehlte jedoch das Tor bzw. der Torabschluss.

Nur ein Übergang?

Die optimistische Kaderzusammenstellung bleibt ein Kritikpunkt, unabhängig von den Ausfällen in der Saison. Mahmoud Dahoud sollte nach dem Abgang von Granit Xhaka mehr Verantwortung im Mittelfeld übernehmen und Impulse im Angriffsspiel setzen. Das ist ihm nicht gelungen, genauso wie Christoph Kramer und Tobias Strobl. Max Eberl muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass nicht optimal geplant wurde.

Wer jedoch den Sportdirektor kennt, der weiß, dass er nicht nur für eine Transferperiode plant, sondern für Jahre. Die Situation ähnelt der Saison 2012/13, wo die Qualifikation zur Europa League haarscharf verpasst wurde, und die Abgänge von Dante, Marco Reus und Roman Neustädter nicht gänzlich aufgefangen werden konnten. Danach folgte ein Transferperiode mit einigen Coups, vielleicht gelingt selbiges in diesem Sommer mit Denis Zakaria und Vinenzo Grifo.

Das Ziel bleibt die „Einstelligkeit“

Die Saison von Borussia Mönchengladbach lief nicht optimal, keine Frage. Die Enttäuschung darf rausgelassen werden, das Endergebnis der Spielzeit sollte einige wieder zurück in die Realität gebracht haben. Trotz der vielen Probleme konnte sich der Verein lange im Kampf um die Europa-League-Ränge halten, obwohl sich die Lage in der Bundesliga dramatisch verändert hat. RB Leipzig greift sich einen Champions-League-Platz, der von Vereinen eingeplant wurde.

Der Wettbewerb um Europa wird sich weiter zuspitzen. Das ausgerufene Ziel der Borussia wird weiterhin die „Einstelligkeit“ sein, es ist realistisch. Ein gesunder und optimal aufgestellter Kader sollte dieses in jedem Fall erreichen, dann wäre diese Saison nur als ein Übergang mit reichlich Sorgen zu bewerten.

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