Wir machen uns Sorgen, Borussia

Es ist ein Jahr zum Vergessen, auch weil inzwischen niemand mehr seriös beantworten kann, worauf in der abgelaufenen Saison konkret hingearbeitet wurde. Wenn nach der Analyse nicht konsequent gehandelt wird, erscheint ein möglicher Abstieg nicht mehr allzu unrealistisch. Borussia muss jetzt handeln, sonst könnte es zu spät sein.

Im August letzten Jahres wurde Roland Virkus in einem Interview gefragt, ob man sich Sorgen um Borussia machen müsse. Die Antwort des Geschäftsführer Sport war eindeutig: „Nein, das glaube ich nicht. Es wird sicherlich mal Ergebnisse geben, die nicht gut sind. Es muss aber niemand Angst um diesen Klub haben.“ Rund neun Monate später rettete sich die Borussia mit Schützenhilfe des Erzrivalen und Absteigers aus Köln durch ein 1:1 gegen Eintracht Frankfurt. Die Sorgen der Fans für die kommende Saison sind groß, denn viel schlimmer darf es eigentlich nicht mehr kommen. Für die große Mehrheit ist klar, dass es darum gehen wird, die Klasse zu halten. Bei den Verantwortlichen von Borussia scheint diese Realität allerdings noch nicht angekommen zu sein. Nach der 3:4-Auswärtsniederlage in Sinsheim deutete Virkus an, dass nur Kleinigkeiten fehlen würden, um eine ähnliche Entwicklung wie der VfB Stuttgart zu nehmen – Analysen widerlegen seine Argumentation.

Eine Saison zum Vergessen

Mit Spannung wird daher erwartet, was die abschließende Analyse ergeben wird. Denn wenn man ehrlich ist, ist es sehr fraglich, ob überhaupt ein konkretes Ziel erreicht wurde, auch wenn dies nicht immer klar kommuniziert wurde. Bei der Vorstellung von Gerardo Seoane wurde zumindest davon gesprochen, dass er die Mannschaft weiterentwickeln soll. In der laufenden Saison wurde jedoch nie genau definiert, welcher Fußball gespielt werden soll. Es wurde lediglich von einer gesunden Mischung aus Mentalität und fußballerischem Ansatz gesprochen. Ansonsten wurden die Ausführungen zum laufenden Prozess nicht weiter vertieft, so dass die Bombe erst am Ende der Saison platzte. Über die Art und Weise, wie Borussia Fußball spielen will, wird im Sommer gesprochen werden. „Du musst schauen, was nah dran kommt an deine Spielidee. Wenn der Kader steht, kannst du schauen, was möglich ist, nicht andersherum.“, so der Geschäftsführer. Es stellt sich die Frage: Woran wurde in dieser Saison mit der Mannschaft gearbeitet? Ein strukturierter Fußball ist nicht erkennbar. Es scheint keine vom Verein vorgegebene Spielidee zu geben, die Borussia in der Vergangenheit so stark gemacht hat. Das erklärt auch den Zickzack-Kurs der Trainerwechsel in den letzten Jahren.

Die Nachhaltigkeit fehlt

Dann sollte zumindest ein erfolgversprechender Kader zusammengestellt worden sein. Doch nach dem bitteren Pokal-Aus in Saarbrücken war es wieder Virkus, der sich bewusst oder unbewusst selbst in die Schusslinie nahm : „Dann muss man als Team so viel Gefühl haben, das Spiel in die Verlängerung zu bringen, um sich neu zu ordnen. Das haben wir nicht hinbekommen. So was ist dann irgendwann eine Frage der Qualität.“ Der Etat ist höher als bei vielen anderen Bundesligisten, erst recht bei Saarbrücken. In Tomas Cvancara, Franck Honorat und Nathan Ngoumou wurden rund 30 Millionen Euro investiert. Die Kaderplanung erscheint alles andere als homogen, auf einigen Positionen gibt es ein Überangebot, auf anderen fehlen zum Beispiel erfahrene Kräfte. Der Kader ist nicht schwach, es fehlt nur die Philosophie, auf der alles aufbaut. Roland Virkus setzt nach der Auswärtsniederlage in Stuttgart nach: „Der eine oder andere erfahrene Spieler hat nicht die Leistung gebracht, die wir uns vorgestellt haben. Sie sollen Stabilität bringen, die junge Spieler brauchen, um sich entwickeln zu können.“ Dass an den hierarchischen Strukturen gearbeitet wurde, das wurde bei der Mitgliederversammlung und während der laufenden Saison betont. Es hat einzelne Spieler gegeben, die Verantwortung übernehmen sollten. Am Ende der Saison teilt er schließlich mit, dass auch hier nicht alles nach Plan gelaufen ist.

Der nächste Abstieg droht

Es gibt keine Basis, auf der man aufbauen kann. Erfreulich ist die positive Entwicklung einzelner, wie von Robin Hack, Moritz Nicolas und Rocco Reitz. Diese scheinen jedoch keinem nachhaltigen Plan zu folgen, sondern eher Zufallsprodukte zu sein. In Kombination mit der historisch schwachen Saison und Rückrunde muss man sogar konstatieren, dass die spät in der Saison konkretisierten Ziele nicht erreicht wurden. Der zehnte Platz wurde nicht mehr erreicht, ebenso rutschte man in der Fernsehgeldtabelle ab. Wie mit kleinen Anpassungen eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie in Stuttgart geschrieben werden soll, bleibt ein Rätsel. Eigentlich müsste die Analyse ergeben, dass der Soll-Zustand nicht erreicht werden konnte. In der Konsequenz müsste dies zu radikalen Veränderungen führen. Roland Virkus muss nach zweieinhalb Jahren feststellen, dass das, was er sich für Borussia vorgestellt hat, nicht erreicht wurde. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er sich dieser Herausforderung gestellt hat, aber es gibt keine Anzeichen dafür, dass er dieser Aufgabe gewachsen ist. Das sollte nicht nur er erkennen, sondern auch andere im Verein. Mit dem Vertrauen auf die eigene Stärke und der Abschottung gegen Kritik schaufelt sich Borussia sein eigenes Grab. Viele Fans machen sich große Sorgen. Jetzt kann noch eingegriffen werden, bevor es zu spät ist. Ansonsten ist Borussia weg.

5 Kommentare Wir machen uns Sorgen, Borussia

  1. Schaffranek

    Leider können hier viele langjährige Fans (meine Wenigkeit seit 1972) ähnliche Beiträge verfassen….es wird nichts ändern…seit Jahren scheint mir die Aussendarstellung (der sympathische Verein vom Niederrhein) für Borussia wichtiger als der sportliche Erfolg. Man spricht jedes Jahr davon zu alten Tugenden zurückzukehren wie z.Bsp auf den eigenen Nachwuchs zu bauen. Trotz einigen Nationalspielern im Jugendbereich hat niemand die Eier diese ins kalte Wasser zu werfen…nein man vertraut weiter auf die etablierten lauf- und kampffaulen Millionäre. Seit Jahren sind wir die sprint- und laufschwächste Mannschaft. Wie kann man einem Plea und Neuhaus nach nur 1 guten Saison die Verträge langjährig verlängern und Sie zu den Topverdienern machen. Wer dies entschieden hat dem spreche ich jeglichen Fussballsachverstand ab… Es muss(!!!) sich vieles ändern sonst werden wir ein 2. HSV, S04 oder Hertha… Hut ab vor Herrn Schippers und Uhde…schwarze Zahlen nach den letzten mageren Jahren erzielt zu haben aber diese nutzen nichts auf dem Weg in die 2.Liga… Hoffentlich werden aktuelle Überlegungen sich von Hack und Nicolas für Kleingeld zu verhökern schnell verworfen. Es reicht doch dass Reitz eine Ausstiegsklausel im niedrigen zweistelligen Millionenbereich hat… Bei mir brennt immer noch die Seele aber wie lange noch…in dem Sinne viel Glück und Mut bei den Entscheidungen für die nächste Saison…BORUSSIA

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  2. Wolfgang Fränken-Bienentreu

    Borussenfan seit 1962, stimme ich der Analyse zu. Herr Virkus ist widersprüchlich, fachlich und intellektuell überfordert, weil er das Ganze nicht im Blick hat und somit die Balance fehlt.
    Ein Sozialarbeiter, der sich hochgedient hat. Und wir Fans und der Club leiden darunter.
    Wie wär’s mit einer Demo?

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  3. Dirk Mertens

    Der Artikel zeigt die Situation treffend auf. Allerdings scheint Herr Bonhof, dem nich zu folgen, liest man heute sein Interview auf borussia.de. Hinter der Analyse und Umsetzung von Inhalten stehen immer die handelnden Personen. Was wird also von Herrn Virkus noch erwartet? Nun ja, wir sind bereits einmal mit Herrn Bonhof abgestiegen, da war er noch Trainer.

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  4. Pingback: Die Sorgenfalten werden tiefer | Schwarzweissgruen

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