Die Borussia ist schwer ins neue Jahr gestartet, ihr fehlte öfters die Leichtigkeit im eigenen Spiel. Beim Auswärtssieg in Düsseldorf zeigte sich, dass eine Qualität derzeit entscheidend für den Erfolg ist: die taktische Flexibilität.
Die Borussia gewinnt mit 4:1 in Düsseldorf, dabei hatte es in der ersten Halbzeit gar nicht danach ausgesehen. Die Defensive der Borussia wackelte ordentlich, besonders nach hohen Bällen der Fortuna in den Strafraum. Das Mittelfeld hatte keinen Zugriff auf das Spiel, sodass die Verteidiger zu riskanten 1-gegen-1-Duelle gezwungen war. Dieses Abwehrverhalten wurde schließlich beim Ausgleichstreffer durch Erik Thommy bestraft. In der Folge gelang es der Mannschaft nicht mehr Kontrolle über das Spiel zu gelangen, es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Die Fortuna hatte in dieser Phase die klareren Torchancen, sodass die Gladbacher über ein Unentschieden zur Halbzeitpause froh sein konnten.
Taktische Umstellung in der Halbzeitpause
Marco Rose und sein Trainerteam ließen sich etwas einfallen. „Zur Pause haben wir gemerkt, dass wir das eine oder andere verbessern müssen, um mit Ball mehr Kontrolle zu bekommen.“, so Borussias Cheftrainer. Die Borussia stellte von einer Dreier- beziehungsweise Fünferkette auf ein 4-3-3-System um. Mit zwei Sechsern und einer klaren Zehn übernahm das Mittelfeld wieder die Kontrolle. Dadurch gelang der Offensive der Fortuna in der zweiten Hälfte nicht mehr viel, den Gladbachern umso mehr. Symptomatisch dafür: Kevin Stöger schoss in der 57. Minute als letzter Düsseldorfer direkt auf das Tor von Yann Sommer, die Fohlen trafen dreifach. Die taktische Umstellung ging offensichtlich auf, am Ende hieß es 4:1.
Neben Leipzig ist Gladbach die Mannschaft, die in dieser Saison am häufigsten durch Umstellungen in der Halbzeit ein Spiel komplett verändert hat. #F95BMG war da mal wieder ein Beispiel.
— Max-Jacob Ost (@GNetzer) February 15, 2020
Die Borussia hat unter Marco Rose eine neue Qualität: nämlich auch dann Spiele zu gewinnen, wenn es Phasen der fehlenden Souveränität gibt. Es läuft schlicht nicht alles perfekt, aber doch schafft es der Trainer die entsprechenden Stellschrauben zu drehen, um dem eigens auferlegten Credo zu folgen: Wir wollen Spiele gewinnen. Mit taktischen Kniffen, wie zuletzt in Düsseldorf oder Leipzig, und individuellen Ansprachen wird viel aus der Mannschaft und den einzelnen Spielern herausgeholt. Jonas Hofmann brilliert in einer neuen Position, Florian Neuhaus wirkt seit seinem Traumtor gegen Mainz äußerst selbstbewusst, und Marcus Thuram meldet sich nach einem Formtief wieder zurück. Kurz und knapp: es ist eine stetig fortschreitende Entwicklung zu erkennen.
Optimierung statt Status Quo halten
„Die Fans sollen sich mit dem, was sie auf dem Platz sehen, total identifizieren.“, sagte Marco Rose bei seiner Vorstellung. Mit einem kurzen Rückblick wird eventuell deutlich was in so kurzer Zeit erreicht wurde. Im vergangenen Jahr ging die Borussia innerhalb einer Viertelstunde in Düsseldorf unter. Damals war das der Tiefpunkt einer äußerst schwachen Rückrunde. Das Spielsystem wurde nicht angetastet, während ein Matthias Ginter im Interview davon sprach, dass ein Plan B fehle. In der Öffentlichkeit wurden immer wieder die Spieler in die Pflicht genommen, und wenig Verständnis für die Unzufriedenheit der Fans aufgebracht. Letzten Endes war auch die Ansprache eine ganz andere. Damals wurde der Status Quo verteidigt, heute wird die Performance stetig optimiert. Ein Beispiel: Marco Rose wütete auf dem Trainingsplatz, weil er es nicht ertragen konnte, dass seine Spieler im Training nachließen.
Es läuft noch längst nicht alles perfekt, wie die Leistungen und das Aus in der Europa League gezeigt haben. Es sollte aber auch nicht unterschlagen werden, dass Marco Rose immer noch in seinem ersten Jahr als Bundesliga-Trainer ist. Insgesamt lässt sich feststellen, dass noch viel ungenutztes Potential in Mannschaft und auch dem Trainer liegt. Die Hoffnung vieler Fans ist groß, dass die Borussia wieder Ziele erreicht, die über 25 Jahre nicht mehr denkbar waren. Max Eberl würde sagen: „Ich will mit Gladbach mal „etwas Blechernes“ in die Luft stemmen.“ Dazu gehört natürlich eine riesige Portion Glück, wie das Auswärtsspiel in Düsseldorf gezeigt hat. Das Ergebnis ist nicht ganz leistungsgerecht, aber doch schon nach der taktischen Umstellung verdient. Das ist eben die neue Qualität der Borussia.